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Im Portrait: ZSI-Forscherin Elke Dall

4. Feb. 2021

Internationale Forschungskooperation: strategische Projekte, Programme und Kommunikation

Seit mehr als 15 Jahren beschäftigt sich Elke Dall mit internationaler Forschungs- und Technologiepolitik. Dabei lagen bisherige Schwerpunkte auf der Ausweitung des Europäischen Forschungsraumes in Südosteuropa, der Evaluation von Kooperationsprogrammen, strategischer Internationalisierung von Forschungsinstitutionen und dem Management transnationaler Projekte. Derzeit leitet sie unter anderem das von der Europäischen Kommission unter Horizon 2020 finanzierte und vom ZSI koordinierte Projekt „S4D4C“, ein Akronym das für Science for/in Diplomacy for Addressing Global Challenges steht. In diesem Interview befragen wir Elke zu diesem Projekt, Wissenschaftsdiplomatie im allgemeinen und ihrem Ausblick für die Zukunft.

Elke, worum geht es in S4D4C und warum ist das wichtig?

Das EU-Forschungsprojekt bringt Experten und Expertinnen der Außen- und Wissenschaftspolitik sowie Wissenschaftsdiplomatie und diplomatische Einrichtungen zusammen. Das gemeinsame Ziel ist die Stärkung der europäischen Wissenschaftsdiplomatie, um die Ziele der EU-Außenpolitik besser zu erreichen und Lösungsansätze für globale Herausforderungen zu entwickeln. Das ZSI arbeitet ja bereits seit Jahrzehnten im Feld der internationalen Forschungskooperation und Forschungspolitik, aber der Begriff der Wissenschaftsdiplomatie ist eigentlich relativ jung. Der in diesem Kontext am häufigsten zitierte Artikel ist ein Bericht der Royal Society und der American Association for the Advancement of Science, aus dem Jahr 2010. Der Begriff Science Diplomacy wurde z.B. von der Obama Administration in den USA verwendet und er hat relativ viele Facetten. In S4D4C geht es aber nicht um den Aspekt „soft power“ und Durchsetzung nationaler Interessen, sondern darum, dass viele verschiedene Akteure und funktionierende Schnittstellen notwendig sind, um globale Herausforderungen wie Pandemien oder Klimawandel zu adressieren. Wissenschaft und Diplomatie müssen hierfür global stärker zusammen arbeiten. Dafür haben wir in S4D4C, ausgehend von Fallstudien, Politikempfehlungen und Aus- und Weiterbildungsangebote entwickelt.

Was findest Du dabei besonders spannend?

Generell finde ich Koordinationsherausforderungen und speziell die Kooperation zwischen „Forschung und Praxis“ spannend. In meiner Karriere habe ich bereits einige Projekte und Stakeholder-Prozesse koordiniert, z.B. forschungspolitische Kooperation mit den Ländern des Westbalkans. Außenpolitische Ziele und die EU-Erweiterungsperspektive der Region waren auch damals immer einer der Hintergründe für die Projekte. Science for Peace und Prioritätensetzung auf Energie oder Umwelt waren weitere Elemente um gemeinsame Lösungen für regionale Probleme zu entwickeln. Der Begriff „Wissenschaftsdiplomatie“ eröffnet nun analytisch einige neue Blickwinkel auf diese Kooperationserfahrungen. Im Projekt hatten wir für die Fallstudien keinen geographischen Zugang, sondern analysierten z.B. Aspekte der Wissenschaftsdiplomatie in der Gestaltung von Forschungsprogrammen, Open Science Politiken, wissenschaftlichen Großprojekten, sowie bei Themen wie Cyber Security oder Lebensmittelsicherheit. Ganz besonders spannend war aber auch die Anwendung unserer Ergebnisse auf die COVID-19 Krise. Als das Projekt 2018 begann, war Gesundheit bereits eines unserer Themen und in einer Fallstudie ging es um die Schnittstellen von Forschung und Diplomatie bzw. Außenpolitik in Verbindung mit der Zika-Virus-Epidemie 2015/16. Wir waren gerade in der Analysephase, als die COVID-19 Krise auch uns dazu anregte, Schlussfolgerungen in einen Policy Brief und eine Grafik zu gießen.

Wo gibt es einen speziellen Handlungsbedarf und wie wird der angegangen?

Die globalen Herausforderungen sind hoch komplex und der adäquate Umgang damit oft umstritten. Wir merken ja gerade an der COVID-19 Krise, wie politische Interessen die Interpretation von Forschungsergebnissen prägen. Forschungsnetzwerke können das Verständnis von Positionen unterschiedlicher Länder und damit internationale Beziehungen verbessern. Es bedarf außenpolitischer Gestaltungskraft und diplomatischer Initiativen, um wissenschaftliche Zusammenarbeit über Grenzen zu erleichtern und zu fördern. Zwischen Wissenschaft und Diplomatie eröffnet sich damit ein gemeinsames Interaktionsfeld, das dem beidseitigen Bedarf an strukturiertem Austausch entspricht. Man benötigt also Personal, das in beiden Feldern geschult ist; Institutionen, die den Austausch ermöglichen; Prinzipien für die Umsetzung solcher Initiativen; mehr Wissen über die globalen Herausforderungen und mehr Kooperationsmöglichkeiten und -netzwerke. Das Projekt hat dazu beigetragen, Schnittstellen zu verstehen und zu verbessern und eine breite Anzahl von Personen weiter gebildet. Einer der größten und nachhaltigsten Erfolge des Projektes ist ein massive open online course zum Thema, der bereits mehr als 800 AbsolventInnen zählt und mehr als 5000 Registrierungen verzeichnet.

Worin liegt der europäische Mehrwert?

Durch die Sichtbarkeit die das Thema auch mit Hilfe unseres Projekts erreicht hat, konnten wir zu einem European thought leadership in dem Bereich beitragen. Die EU investierte in S4D4C und andere Projekte gerade zu einer Zeit, als in den USA die Trump-Administration sich sowohl der Wissenschaft als auch der Diplomatie gegenüber kritisch positionierte. Durch die Kombination von sozialwissenschaftlichen Ergebnissen und akademisch fundiertem Dialog mit praktischen Initiativen, hatte das Projekt die Möglichkeit, hier sehr wirksam zu werden.

Wie steht Österreich in diesem Themenbereich?

Österreich ist grundsätzlich ja sehr international aufgestellt und kann sowohl in der Wissenschaft als auch in der Diplomatie auf einige Exzellenzzentren verweisen. Wien ist immerhin auch Sitz zahlreicher internationaler Organisationen, die sich mit globalen Herausforderungen befassen. Wir planen weitere Details in naher Zukunft in einem eigenen nationalen Projekt zu erheben.

Und wie geht es jetzt weiter?

Es gibt noch einen Fragebogen an alle Interessierten zum Abschluss des S4D4C Projektes (Einladung hier). Wir veröffentlichen auch noch einige Ergebnisse, wie zum Beispiel Empfehlungen für die Evaluation und für die Steuerung von Wissenschaftsdiplomatie. Und vom 15. bis 19. März organisieren wir eine ganze Woche lang verschiedene online Events zum Thema – als Abschlusskonferenz. Gemeinsam mit einigen Projektpartnern möchten wir auch weiterhin in der Science Diplomacy Community aktiv bleiben, vor allem auch mit dem Blick auf die Situation in Österreich. Und ich persönlich werde mich dann unter anderem auch wieder einem regionalen Projekt widmen und praktische Wissenschaftsdiplomatie am und mit dem Balkan betreiben. Auch darauf freue ich mich bereits sehr!

Viel Erfolg dabei und wir danken für das Gespräch.

 

Empfohlene Links:

ZSI Profil: https://www.zsi.at/de/users/140

twitter: @_elke_d_, @s4d4c

LinkedIn: https://www.linkedin.com/in/elkedall/; https://www.linkedin.com/company/s4d4c/

Einladung zur S4D4C Abschlusskonferenz: https://www.s4d4c.eu/announcement-of-the-s4d4cs-final-networking-meeting/

Was ist Wissenschaftsdiplomatie? Erklärendes Video: https://www.youtube.com/watch?v=OSDfwBwWjX4

MOOC on European Science Diplomacy: https://www.s4d4c.eu/european-science-diplomacy-online-course/

S4D4C Publikationen: https://www.s4d4c.eu/category/outputs/

Artikel der EU Forschungskommissarin Mariya Gabriel: https://www.s4d4c.eu/insights-from-commissioner-mariya-gabriel-towards-the-european-union-science-diplomacy/

Aktuelle Umfrage: https://survey.zsi.at/index.php/482618?lang=en

 

Images:

Infografik. 2019. S4D4C. https://www.s4d4c.eu/training_material/infographic-strengthening-science-diplomacy-to-tackle-global-challenges-together-the-case-of-the-covid-19-pandemic/

Elke Dall. 2019. Photo credit: Emil Jankovic.

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Tags: Portrait, science diplomacy

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