Alle Register ziehen: Offenheit und Datenmacht verhandeln
1. Oktober 2025
Der Zugang zu Verwaltungs- und Registerdaten gilt als zentrale Ressource für unabhängige Forschung und evidenzbasierte Politikgestaltung. Erstarkende autoritäre Tendenzen machen jedoch sichtbar, wie fragil dieser Zugang ist: Extreme Politiken verändern, wie Daten verfügbar gemacht, kontrolliert und genutzt werden – und stellen Errungenschaften infrage, für die in Wissenschaft und Politik lange gekämpft wurde.
Mit dem 2022 gegründeten Austrian Micro Data Center (AMDC) wurde ein wichtiger Schritt gesetzt, staatlich gehaltene Mikrodaten für die Forschung zugänglich zu machen. Auf Basis einer Interviewstudie mit Expert:innen sowie ergänzender Dokumentenanalyse zeige ich, wie sich dabei die Grenzen zwischen Wissenschaft, Verwaltung und Politik neu institutionalisieren. Sichtbar werden Spannungen zwischen Zugang, Unabhängigkeit und Kontrolle – und wie sehr die nachhaltige Nutzung solcher Infrastrukturen von der Wertschätzung jener oft unsichtbaren Datenarbeit abhängt, die sie überhaupt erst möglich macht.
Der Vortrag basiert auf meinem Kapitel im Sammelband Un/locking public sector data: contesting social, economic and environmental values (hg. von Angela Daly & Esperanza Miyake, 2026). Er versteht sich zugleich als Einladung zur Diskussion: Wo stehen wir heute in Österreich – und welche Prioritäten sind zu setzen, um öffentliche Daten langfristig als demokratische Ressource zu sichern?
Ressourcen
Un/locking public sector data: contesting social, economic and environmental values, hg. von Angela Daly & Esperanza Miyake, erscheint 2026 bei Scottish University Press
Katja Mayers Slides werden im Anschluss ihres SIP Talks hier dauerhaft abrufbar sein.
Katja Mayer
Katja Mayer ist Soziologin und Senior Scientist am Institut für Wissenschafts- und Technikforschung der Universität Wien, sowie am Zentrum Soziale Innovation ZSI. Ihre Forschung untersucht, wie Open Science und offene Daten Forschungspraktiken verändern, mit besonderem Fokus auf Computational Social Sciences, Citizen Science und Künstliche Intelligenz. Zuvor arbeitete sie u. a. als Research Advisor für den Präsidenten des European Research Council sowie an der TU München im Bereich Computational Social Sciences. Sie ist Mitglied im Strategiebeirat Digitaler Humanismus, war Mitgestalterin nationaler Open-Science-Strategien und war Open Science Fellow der Berlin University Alliance. In Forschung, Lehre und Politikberatung setzt sie sich dafür ein, Offenheit als politisches Projekt zu verstehen, das Fragen von Zugang, Verantwortung und öffentlichem Wert neu verhandelt.